Bei der künstlerischen Aneignung handelt es sich um einen Prozess, bei dem Kreative – beispielsweise Designer – vorhandene Werke oder Elemente in ihre eigenen Kunstwerke integrieren. Diese Praxis ist alles andere als neu. Sie hat ihre Wurzeln in der Geschichte der Kunst. Man denke etwa an das übermalte, verfremdete Bild der lächelnden Mona Lisa, das immer wieder für allerlei Überarbeitungen herhalten musste. Im Kontext des Markenrechts wirft die künstlerische Aneignung jedoch komplexe Fragen auf, die heute, gerade auch in Zeiten von KI, von großer Relevanz sind.
Im Kunstumfeld ist die Nutzung solcher „Technik“ noch einfacher zu klären als im werblichen Bereich. Ein Schlüsselelement der künstlerischen Debatte ist der §51a des deutschen Urheberrechtsgesetzes, der die Verwendung von geschützten Werken in Kunstwerken erlaubt. Allerdings ist die Anwendung auch dieses Gesetzes nicht immer klar und kann Künstler in ihrer kreativen Freiheit einschränken. Dies wurde besonders deutlich in einem Fall, der im Juni 2021 vor dem Bundesgerichtshof verhandelt wurde. Ein Künstler hatte ein bekanntes Logo auf T-Shirts in seiner Ausstellung verwendet und wurde daraufhin vom Markeninhaber verklagt. Der Bundesgerichtshof entschied zugunsten des Markeninhabers und urteilte, dass die Verwendung des Logos keine künstlerische Aneignung darstelle.
Die Entscheidung hat Kontroversen ausgelöst. Um diese Problematik anzugehen, schlagen einige die Ausweitung des §51a UrhG vor. Dies würde den Künstlern mehr Freiheit geben, geschützte Marken und Logos zu verwenden, ohne Angst vor rechtlichen Konsequenzen haben zu müssen. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, könnte die Einführung eines ‚Parodie-Privilegs‘ sein, ähnlich wie es bereits im Urheberrecht existiert. Dies würde es Künstlern erlauben, geschützte Marken und Logos zu parodieren, ohne sich strafbar zu machen. Es ist klar, dass eine Neudefinition des Verhältnisses zwischen künstlerischer Freiheit und Markenrecht notwendig ist.
Noch komplexer als die beschriebene künstlerische Aneignung ist nun aber der breite Rückgriff auf Kreativquellen durch die KI, der viele von uns betrifft. Hier dreht sich die Betrachtungsweise komplett. Die Kreativleistungen von Autoren oder Designern werden, ohne deren Zustimmung, zu kostenlosen Bausteinen für jeden und jede. Die Beurteilung von KI in Bezug auf Urheberrechtsverletzungen ist ein komplexes Thema, das sich noch in der Entwicklung befindet. Grundsätzlich hängt die rechtliche Verantwortung für Urheberrechtsverletzungen durch KI von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Art der KI-Anwendung, wer die KI kontrolliert und wie sie eingesetzt wird. Es könnten Fragen auftauchen wie: War die Urheberrechtsverletzung vorhersehbar? Gab es angemessene Maßnahmen, um solche Verletzungen zu verhindern? Welche Kontrolle hatte der Mensch über die Handlungen der KI?